PSYCHOPHARMAKA WÄHREND DER SCHWANGERSCHAFT
ERSTE GEDANKEN
-- Eine Psychopharmakotherapie während der Schwangerschaft und Stillzeit erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Risiko einer Exposition des Kindes gegenüber dem Arzneimittel einerseits und dem Risiko eines erneuten Auftretens der psychischen Störung der Mutter nach Absetzen des Arzneimittels andererseits
- Eine unbehandelte psychiatrische Störung stellt ein Risiko für die Schwangerschaft dar
- Für die Schwangerschaft sind keine Psychopharmaka zugelassen
- Die Risiken einer Psychopharmakotherapie während der Schwangerschaft sind verbunden mit
1) Teratogenität (z. B. strukturelle Fehlbildungen) und fetaler Toxizität,
2) perinatalem Syndrom/neonataler Toxizität,
3) Risiken während der Stillzeit (Übergang des Arzneimittels vom Körper der Mutter in die Milch)
4) dem Risiko fürs Kind, später Verhaltensstörungen zu entwickeln,
- Schädliche Auswirkungen von Psychopharmaka auf Kinder (in utero oder gestillt) können ZU KEINEM ZEITPUNKT ausgeschlossen werden, da alle Psychopharmaka die Plazenta passieren und in die Muttermilch gelangen können!
- Eine Behandlung mit Psychopharmaka, insbesondere im ersten Trimester der Schwangerschaft, sollte nur dann toleriert werden, wenn die mit der psychischen Störung verbundenen Risiken für Mutter und/oder Fetus die mit einer pharmakologischen Behandlung verbundenen Risiken übersteigen
- Vor der Verabreichung von Medikamenten während der Schwangerschaft oder Stillzeit sollte ein guter Informationsaustausch zwischen Psychiater, Gynäkologe und Kinderarzt stattfinden
- Die Entbindung sollte in einem multidisziplinären Krankenhaus erfolgen
- Eine Schwangerschaft kann die Pharmakokinetik von Psychopharmaka erheblich verändern: Im Allgemeinen nimmt die Blutkonzentration von Arzneimitteln mit fortschreitender Schwangerschaft ab, es gibt jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel. Vor der Verabreichung eines Arzneimittels während der Schwangerschaft ist es NOTWENDIG, seine Pharmakokinetik zu kennen.
- Die Messung der Konzentration eines Psychopharmakons während der Schwangerschaft (TDM) ist ein grundlegendes Instrument zur Verbesserung der Wirkung eines Arzneimittels während der Schwangerschaft und zur Überwachung der Exposition des Fetus gegenüber diesem Arzneimittel
ANTIDEPRESSIVA, ALLGEMEINE REGELN
- Bevorzugen Sie eine Monotherapie
- Niedrige Dosierung
- Überwachen Sie die (Schwankungen der) Blutkonzentration während der Schwangerschaft. Versuchen, es niedrig zu halten (aber innerhalb des therapeutischen Bereichs)
- Berücksichtigen Sie etwaige Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
- Vermeiden Sie ein abruptes Beenden der Therapie
Trizyklische Antidepressiva: Während der Schwangerschaft generell kontraindiziert.
1) RISIKO fetaler Fehlbildungen; Spezifische fetale Fehlbildungen können nicht zu 100 % ausgeschlossen werden, erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, sogar erhöhte Frühgeburten.
2) TOXIZITÄT BEI NEONATEN: Bei Kindern von Müttern, die während der Schwangerschaft Trizyklika eingenommen hatten, wurde über neonatale Krämpfe berichtet. Auch das „Absetzen von Trizyklika für den Fetus nach der Geburt steht im Zusammenhang mit
Entzugssyndrom (bei 30 % der ungeborenen Kinder) und daher mit Herzrasen, Unruhe, epileptischen Anfällen.
3) MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN: Sie gehen, wenn auch in geringen Mengen, in die Muttermilch über.
4) LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE:
Es ist noch nicht klar, ob Kinder, die während der Schwangerschaft Trizyklika ausgesetzt sind, ein erhöhtes Risiko haben, an Autismus zu erkranken oder nicht.
NACH SORGFÄLTIGER PRÜFUNG PRO/CONTRA ARZTNEIMITTEL DER ERSTEN WAHL: Keine
SSRI-Antidepressiva: Frauen, die SSRIs einnehmen und diese wegen der Schwangerschaft absetzen (ohne andere unterstützende Maßnahmen wie Psychotherapie), haben ein erhöhtes Risiko, einen Rückfall in eine Depression zu erleiden. SSRIs sind im Allgemeinen relativ sichere Medikamente während der Schwangerschaft. Eine unbehandelte Depression ist mit einem höheren Risiko für Frühgeburten und einem geringeren Geburtsgewicht des Babys verbunden. Allerdings bergen SSRIs auch Risiken und es gibt Stoffe unter den SSRIs, die unbedingt gemieden werden sollten (Paroxetin und Fluoxetin sollte nicht neuverordnet werden). Für allgemeine Informationen (PRO/CONTRA) lesen Sie den Anfang dieses Artikels.
1) RISIKO FETALER FEHLBILDUNGEN: Sie passieren die Plazenta und stellen für den Fetus ein erhöhtes Risiko für Anenzephalie, Kraniosynostose, Omphalozele, Nierendysplasie, schwere Herzfehler usw. dar (insbesondere – aber nicht nur – bei Einnahme von SSRIs in den ersten Monaten der Schwangerschaft). Wenn die Mutter während der Schwangerschaft SSRI + Alkohol einnimmt, ist das Risiko für das Baby, ein fetales Alkoholsyndrom zu entwickeln, um das Zehnfache erhöht! Wenn die Mutter während der Schwangerschaft SSRI + Benzodiazepine einnimmt, ist das Risiko für das Baby deutlich erhöht, Anomalien vom Herz-Kreislauf-System zu entwickeln (mehr als SSRIs allein)
2) TOXIZITÄT BEI NEONATEN: Wie bei Trizyklika ist "das Absetzen der SSRIs beim Fetus“ nach der Geburt mit einem Entzugssyndrom (15–30 % der Fälle) und daher mit Tachykardie, Unruhe, Unruhe, epileptischen Anfällen, Koliken, Reizbarkeit und erhöhter Atemfrequenz verbunden (normalerweise ist das Syndrom vorübergehend und gutartig). Frauen, die SSRIs ab der zwanzigsten Schwangerschaftswoche einnehmen, haben ein erhöhtes Risiko, bei ihrem ungeborenen Kind eine dauerhafte pulmonale Hypertonie zu entwickeln.
3) MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN: Sie gehen, wenn auch in geringen Mengen, in die Muttermilch über. Bei Fluoxetin Kumulationsrisiko.
4) LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE: 3-Fach erhöhtes Risiko eines Autismus zu entwickeln bei Kindern deren Mütten, im ersten Trimenons SSRI einnahmen.
NACH SORGFÄLTIGER ABWÄGUNG PRO/CONTRA ARZNEIMITTEL DER ERSTEN WAHL: Sertralin, Citalopram. Zu vermeiden: Paroxetin und Fluoxetin
MAO_Hemmer (Moclobemid, Tranylcypromin)
Wegen möglicher hypertensiver Blutdruckkrisen in der Schwangerschaft kontraindiziert!
1) RISIKO FETALER FEHLERBILDUNGEN: zu wenig Daten, kontraindiziert
2) NEONATAL TOXIZITÄT IN DER SCHWANGERSCHAFT: zu wenig Daten, kontraindiziert
3) MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN: Zu wenig Daten, kontraindiziert
4) LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE:
zu wenig Daten, kontraindiziert
NACH SORGFÄLTIGER PRÜFUNG PRO/CONTRA ARZNEIMITTEL DER ERSTEN WAHL: Keine
Andere Antidepressiva (Venlafaxin, Mirtazapin, Bupropion, Agomelatin):
widersprüchliche/unzureichende Daten, kontraindiziert
Kürzlich hat das kanadische Gesundheitsministerium eine wichtige Warnung vor den Nebenwirkungen von Antidepressiva wie Bupropion, Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mirtazapin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin herausgegeben. Aus internationalen und kanadischen Berichten geht hervor, dass einige Neugeborene, deren Mütter solche Medikamente während der Schwangerschaft einnahmen, Geburtskomplikationen und Symptome entwickelten, darunter Schwierigkeiten beim Füttern und/oder Atmen, Krampfanfälle, Muskelsteifheit, Gelbsucht und ständiges Weinen. Diese Symptome werden entweder durch eine unerwünschte Wirkung des Antidepressivums auf das Kind oder als Entzugssyndrom aufgrund eines plötzlichen Therapieabbruchs bei der Mutter verursacht.
Angesichts der Informationsnotiz ist es angebracht, etwas Licht auf die Verwendung dieser Gruppe von Antidepressiva zu werfen. Es ist zu beachten, dass es zwar bisher nicht viele Informationen über die Sicherheit von Antidepressiva gibt, die während der Schwangerschaft angewendet werden können, die einzigen Informationen jedoch aus Studien stammen, die zu Fluoxetin (Fluoxeren, Prozac) durchgeführt wurden, das als Zielmedikament in dieser Kategorie gilt. Die häufigsten Neugeborenenprobleme nach Fluoxetin-Exposition der Mutter sind Unruhe, Reizbarkeit, Hypotonie oder Hypertonie, Hyperreflexie, Schläfrigkeit, Saugprobleme und anhaltendes Weinen; seltener können Hypoglykämie, Atembeschwerden, Störungen der Thermoregulation und Krämpfe auftreten. Einige Studien haben auch gezeigt, dass die Einnahme von Fluoxetin im dritten Schwangerschaftstrimester zu Frühgeburten und einer geringeren Geburtsdauer und einem geringeren Geburtsgewicht führen kann. Es wurde auch über einen Fall asymptomatischer Herzrhythmusstörungen bei einem Neugeborenen berichtet, das im dritten Schwangerschaftstrimester Fluoxetin ausgesetzt war.
Neugeborenenprobleme treten normalerweise innerhalb der ersten 5 Lebenstage auf und verschwinden im Allgemeinen spontan zwischen dem 5. Tag und der 6. Woche. In allen Fällen waren die Kinder während der gesamten Schwangerschaft oder im letzten Trimester in der Gebärmutter der Einnahme des Arzneimittels ausgesetzt gewesen. Es gibt auch einige Berichte für Paroxetin (Sereupin, Seroxat): Eine von einem kanadischen Zentrum für schwangere Frauen durchgeführte Studie zeigte, dass von 55 Neugeborenen, die am Ende der Schwangerschaft Paroxetin ausgesetzt waren, 12 nach Absetzen der Behandlung Komplikationen aufwiesen, darunter 9 Fälle Atemwegsveränderungen, 2 Fälle von Hypoglykämie und 1 Fall von Gelbsucht. Es wird angenommen, dass diese Symptome mit einem Entzugssyndrom zusammenhängen.
Lithium
1) R ISIKO FETALER FEHLBILDUNG. Kontraindiziert. Erhöhtes Risiko angeborener Herzfehlbildungen. Erhöhte Abortrate.
2) NEONATALE TOXIZITÄT Eine Vergiftung des Neugeborenen ist möglich, vor allem wenn die mütterliche Lithämie nicht streng kontrolliert wird.
3) MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN:
Kontraindiziert. Es geht in die Muttermilch über und kann beim Neugeborenen zu einer Vergiftung führen.
4) LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE:
Es wurden keine Entwicklungsrisiken beim Menschen beobachtet, die in der Schwangerschaft über die Mutter Lithium genommen haben.
Antiepileptika
1) RISIKO FETALER FEHLBILDUNGEN: In der Schwangerschaft kontraindiziert, da das Risiko angeborener Fehlbildungen (Valproat, Carbamazepin, Topiramat, Lamotrigin, auch wenn letztere am wenigsten) erhöht ist.
2) NEONATALE TOXIZITÄT widersprüchliche/unzureichende Daten, kontraindiziert
3) MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN: Generell kontraindiziert.
4) LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE:
Niedrigere QI/Intelligenz bei Kindern, die in der Schwangerschaft über die Mutter Antiepileptika genommen haben (gilt auch für Lamotrigin!).
NACH SORGFÄLTIGER PRÜFUNG PRO/CONTRA ARZTNEIMITTEL DER ERSTEN WAHL: Lamotrigin
Antipsychotika
1)GEFAHR FETALER FEHLERBILDUNGEN: Wenn möglich im 1. Trimenon auf AP verzichten, alle Antipsychotika passieren die Plazenta, in austeigender Rehienfolge: Quetiapin, Risperidon, Haloperidol, Olanzapin. Fehlbildungsrate zwischen 3 und 10%, auch Risiko Aborte erhöht. Zu vermeiden Aripripazol, Promethazin, Depotpräparate. TDM empfohlen.
2)NEONATALE TOXIZITÄT : Extrapyramidale Störungen (Tremor, motorische Unruhe) bei klassischen AP (Haloperidol, Flupentixol, etc) aber auch bei Olanzapin und Risperidon berichtet. Wenn mit Olanzapin exponiert höheres Geburtsgewicht. Unter Clozapin erhöhtes Risiko Floppy-Infant-Syndrom.
3)MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN: Olanzapin und Quetiapin sicherste Substanzen, Haloperidol, Risperidon und Zuclopenthixol akzeptabel. Auf Clozapin verzichten! (Agranulozytosen)
4) LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE: Es fehlen Studien, bis jetzt keine eindeutige Hinweise darauf.
NACH SORGFÄLTIGER PRO/CONTRA ARZNEIMITTEL DER ERSTER WAHL: in der Schwangerschaft Quetiapin, Olanzapin, Risperidon und Haloperidol; in der Stillzeit Olanzapin und Quetiapin akzeptabel .
Ansiolytika (Benzodiazepine)
1)GEFAHR FETALER FEHLERBILDUNGEN: Sie sind in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft kontraindiziert. Sie können Gaumenspalten verursachen. Für Zopiclon noch kein Risiko nachgewiesen.
2)TOXIZITÄT BEI NEONATEN: Sie verursachen beim Neugeborenen verschiedene Probleme, einschließlich Atembeschwerden und Abstinenzsyndrom bei der Geburt, wenn sie in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft kontinuierlich angewendet werden.
3)MIT DEM STILLEN ASSOZIERTEN RISIKEN: Kontraindiziert. Sie werden mit der Muttermilch ausgeschieden und können bei gestillten Kindern starke Schläfrigkeit, Gewichtsverlust, Leberschäden und psychomotorische Schäden verursachen.
4)LANGFRISTIGE VERHALTENS- UND ENTWICKLUNGSEFFEKTE: In einigen Fällen führten sie zu einer leichten Verzögerung der psychomotorischen Entwicklung des Kindes. Außerdem Hinweise auf Entwicklung einer Suchterkrankung bei exponierten Kindern.
NACH SORGFÄLTIGER ABWÄGUNG FÜR/GEGEN ARZNEIMITTEL DER ERSTEN WAHL: Lorazepam
Benzodiazepine passieren die Plazenta. Wenn die Mutter sie in den letzten Monaten der Schwangerschaft regelmäßig, auch in therapeutischen Dosen, einnimmt, können sie beim Neugeborenen zu Komplikationen führen. Der Fötus und das Neugeborene verstoffwechseln Benzodiazepine sehr langsam und Konzentrationen von Benzodiazepinen können bis zu zwei Wochen nach der Geburt im Körper des Neugeborenen bestehen bleiben. Die Folge, die auftreten kann, kann das „Floppy-Infant“-Syndrom mit Muskelhypotonie, übermäßiger Sedierung und Stillunfähigkeit sein. Nach etwa zwei Wochen können sich Entzugserscheinungen mit Überempfindlichkeit, Weinen und Schwierigkeiten beim Füttern entwickeln.
Bei Verabreichung in therapeutischen Dosen scheinen Benzodiazepine das Risiko schwerer angeborener Fehlbildungen nicht zu erhöhen. Allerdings kann eine längere Anwendung durch die Mutter die intrauterine Entwicklung des Fötus und die Entwicklung des Gehirns verzögern. Dies verstärkt die Sorge, dass diese Kinder in Zukunft anfälliger für Probleme wie Aufmerksamkeitsdefizite, Hyperaktivität, Lernschwierigkeiten und das gesamte Spektrum autistischer Störungen sein werden.