Interaktion Abbauweg Cytochrom P450

Die Cytochrome P450, kurz CYP, sind Hämproteine mit enzymatischer Aktivität. Beim Menschen sind CYP vor allem in der Leber zu finden, aber auch im Darm, den Nieren und der Lunge.
 
Viele schwer wasserlösliche Stoffe, zum Beispiel zahlreiche Medikamente, werden in der Leber über den Prozess der Biotransformation abgebaut. Diese verläuft in zwei Phasen: Zuerst werden die Stoffe in den sogenannten Phase-I-Reaktionen durch Oxidation, Reduktion, Hydrolyse oder Hydratation mit einer polaren Gruppe versehen und so hydrophiler gemacht. Die entstehenden Verbindungen werden in den sich anschließenden Phase-II-Reaktionen mit körpereigenen Stoffen wie Glucuronsäure konjugiert und dann über Nieren oder Galle ausgeschieden.

Cytochrom-P450-Enzyme wirken als Monooxygenasen und sind damit von besonderer Bedeutung für die oxidative Umsetzung in der ersten Phase der Biotransformation.  Die machen viele Substanzen (auch Medikamente) wasserlöslicher, damit sie schneller aus dem Körper ausgeschieden werden können.
 
Beim Menschen wurden bislang 60 verschiedene Cytochrome P450 gefunden. Über das Cytochrom-P450-System werden zahlreiche Medikamente metabolisiert (siehe Tabelle). Wenn eines dieser Enzyme gehemmt wird, handelt es sich meist um eine schnell einsetzende, kompetitive Hemmung.
 
Es sind zahlreiche Wirkstoffe bekannt, die Cytochrome P450 hemmen können. Zu den wirksamsten Inhibitoren von CYP3A4 gehören beispielsweise Azol-Antimykotika wie Ketoconazol, HIV-Proteasehemmer, etwa Indinavir oder Nelfinavir, und Makrolidantibio­tika wie Clarithromycin. Aber auch Nahrungsmittel wie Grapefruitsaft können die Enzymaktivität beeinträchtigen. CYP2D6 wird beispielsweise durch die Antidepressiva Paroxetin, Fluoxetin und Bupropion gehemmt.  Durch CYP-Hemmung kann zu Wirkungssteigerung kommen  mit ernsthaften Folgen-
 
Die Induktion der CYP-Enzyme beruht darauf, dass der Induktor an einen Trans­kriptionsfaktor bindet und so die Expression des entsprechenden CYP-Gens verstärkt. Dies wiederum führt zur vermehrten Bildung des jeweiligen Enzyms. Der Effekt tritt nicht sofort ein: Die maximale Enzyminduktion wird erst nach zwei bis drei Wochen beobachtet und kann über vier Wochen nach dem Absetzen des Induktors andauern.
Induktoren für CYP3A4 sind beispielsweise Rifampicin, Barbiturate und Carbamazepin, aber auch Johanniskrautextrakte. Andere Cytochrome P450 werden auch durch Nahrungs- und Genussmittel in ihrer Aktivität verstärkt: So können Brokkoli und Rosenkohl, aber auch Rauchen zur vermehrten Bildung von CYP1A2 führen. Besonders bei Substanzen mit enger therapeutischer Breite kann es durch CYP-Induktion zu Wirkungsverlust mit ernsthaften Folgen kommen.

Einige Cytochrome P450, zum Beispiel CYP2D6 und CYP2C19, weisen eine große genetische Variabilität auf. Bei den codierenden Genen treten also häufiger Polymorphismen auf, die zu stärker beziehungsweise schwächer aktiven oder funktionslosen Varianten der Enzyme führen. Aus den jeweils vorliegenden genetischen CYP-Varianten eines Patienten wiederum lässt sich sein sogenannter Metabolisiererstatus ableiten, also die Geschwindigkeit, mit der er die entsprechenden pharmazeutischen Wirkstoffe verstoffwechseln kann. So werden für CYP2D6 vier Typen von Metabolisierern unterschieden:
 

Langsame Meta­bolisierer (etwa 7 Prozent der Bevölkerung) besitzen zwei nicht funktionelle Allele des CYP2D6-Gens. Es wird kein Protein gebildet und der Metabolismus verläuft extrem langsam. Bei Gabe der Standarddosierung kann es daher zu Nebenwirkungen kommen, da sich der Wirkstoff anreichert. 

Intermediäre Metabolisierer (etwa 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung) besitzen ein nicht und ein eingeschränkt funktionelles Allel. Medikamente werden daher mit reduzierter Aktivität verstoffwechselt.

Extensive (»normale«) Metabolisierer (etwa 80 Prozent der Bevölkerung) besitzen ein oder zwei voll funktionsfähige Allele.

Bei ultraschnellen Metabolisierern (etwa 2 bis 3 Prozent der Bevölkerung) sind aufgrund einer Genamplifikation drei oder mehr Kopien funktionsfähiger Gene vorhanden. Sie bauen Arzneimittel so schnell ab, dass die Standarddosis kaum wirken kann.

Was die Häufigkeit der einzelnen Metabolisierer­typen betrifft, bestehen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen oft deutliche Unterschiede. So sind in Schweden nur 1 bis 2 Prozent und in Deutschland 3 Prozent der Bevölkerung ultra­schnelle Metabolisierer, während in Nordafrika der Anteil 20 bis 29 Prozent beträgt.

Wie die Tabelle hierunten interpretieren mit ein paar Beispiele:


Olanzapin und Clozapin werden vom CYP1A2 abgebaut: wenn man raucht, wird das CYP1A2 induziert (wird "stärker") d.h. Olanzapin und Clozapin werden schneller abgebaut (Wirkungsverlust)

Quetiapin wird vom CYP3A4 abgebaut: wenn man zusätzlich Carbamazepin einnimt,  wird das CYP3A4 induziert (wird "stärker") d.h. Quetiapin wird schneller abgebaut (Wirkungsverlust vom Quetiapin) 


Quetiapin wird vom CYP3A4 abgebaut: wenn man zusätzlich Grapefruitsaft trinkt,  wird das CYP3A4 gehemmt (wird "schwächer") d.h. Quetiapin wird langsamer abgebaut (Wirkungssteigerung mit Nebenwirkungen) 

Verschiedene Betablocker (Blutdruckmittel: Metoprolol, Bisoprolol usw.) werden vom CYP2D6 abgebaut: wenn man zusätzlich SSRI wie Paroxetin oder Fluoxetin einnimt,  wird das CYP2D6 gehemmt (wird "schwächer") d.h. die Betablocker werden langsamer abgebaut (Wirkungssteigerung von den Betablocker mit Nebenwirkung wie zu niedrigen Blutdruck mit Schwindeln usw.) 


Tamoxifen
-Medikament zur Behandlung von Brustkrebs (Antiöstrogenwirkung)
-Bildung des aktiven Metaboliten (wirksame Substanz) über CYP2D6
-Durch die Gabe von Antidepressiva, die CYP2D6 hemmen (z. B. Paroxetin), kann es zu einer Abschwächung der Wirkung von Tamoxifen kommen
-Risiko erhöhter Mortalität

Tramadol (Tramal)
Medikament zur Behandlung von Schmerzen 
-Bildung des aktiven Metaboliten (wirksame Substanz) über CYP2D6 
-Antidepressiva, die CYP2D6 hemmen (z. B. Paroxetin), können die analgetische Wirkung von Tramadol abschwächen .