F51 Schlafstörungen
THERAPIE DER WAHL: VERBESSERUNG DER SCHLAFHYGIENE + PSYCHOTHERAPIE
(NUR BEI NICHT ANSPRECHEN MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG SINNVOLL, SIEHE WEITER UNTEN)
1: Schlafen Sie nur so viel, wie Sie es brauchen, um sich am nächsten Tag ausgeruht zu fühlen
2: Wachen Sie jeden Tag zur gleichen Zeit auf, 7 Tage die Woche
3: Treiben Sie regelmäßig Sport, außer in den drei Stunden vor dem Einschlafen
4: Sorgen Sie für ein gemütliches, dunkles und ruhiges Schlafzimmer.
5: Stellen Sie sicher, dass die Schlafzimmertemperatur nachts angenehm ist (zwischen 16 und 23 Grad).
6: Essen Sie regelmäßig Mahlzeiten und gehen Sie nicht ins Bett, wenn Sie hungrig sind
7: Vermeiden Sie es, abends zu viel zu trinken
8: Verzichten Sie 6 Stunden vor dem Schlafengehen auf koffeinhaltige Produkte.
9: Vermeiden Sie Alkohol, besonders abends
10: Vermeiden Sie das Rauchen
11: Vermeiden Sie es, „Ihre Probleme mit ins Bett zu nehmen“ (schreiben Sie sie auf einen Notizblock und sagen Sie sich: „Ich werde diese Probleme morgen lösen!“)
12: Vermeiden Sie es, tagsüber ein Nickerchen zu machen!
- Schlafbeschränkung: Dies ist eine Technik, die als Ziel hat, die Zeit, die der Patient im Bett verbringt, mit der tatsächlich verbrachten Schlafzeit in Einklang zu bringen.
- Reizkontrolle: zielt darauf ab, die Assoziation von Bett und Schlafzimmer mit Aktivitäten zu beseitigen, die mit dem Schlaf nicht vereinbar sind (z. B. Fernsehen oder die Arbeit für den nächsten Tag planen).
- Kognitive Umstrukturierung: Verfahren zur Änderung dysfunktionaler Überzeugungen und Erwartungen über den Schlaf.
- Entspannungstechniken und fantasievolle Ablenkung.
MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG DER SCHLAFLOSIGKEIT
ERSTE STRATEGIE:
Fügen Sie ein Phytopharmaka wie LASEA oder Baldrian hinzu oder versuchen Sie es mit MELATONIN (die Verabreichung ist jedoch nur für Personen mit verringerten Spiegeln dieses Hormons angezeigt und in generell für ältere Menschen)
ZWEITE STRATEGIE:
Interventionen reichen nicht aus, man stellt dann dann die Frage, ob eine den Schlafstörungen zugrunde liegende Störung übersehen wird. Behandeln Sie die zugrunde liegende Störung (psychiatrisch wie z.B. Depression, Angstzustände, Psychosen; internistisch wie z. B. Probleme der Schilddrüse, Schlafapnoe-Syndrom; neurologisch wie z.B. Restless-Legs-Syndrom, Parkinson, Lumbago )
ZUM BEISPIEL: PATIENT LEIDET UNTER SCHLAFSTÖRUNGEN ABER AUCH DEPRESSION ODER ANGSTSTÖRUNGEN, ER ERHÄLT BEREITS PSYCHOPHARMAKA UND BEFINDET SICH SCHON IN PSYCHOTHERAPEUTISCHER BEHANDLUNG, HAT JEDOCH NOCH PROBLEME MIT DEM SCHLAFEN
FALL A. Der Patient leidet nur 1-2 Mal pro Woche unter Schlafstörungen (z. B. mit bestimmten Situationen verbunden, z. B. hat er sonntags Probleme mit dem Schlafen, weil er montags arbeitet)
- Stufe I: Psychopharmaka ohne Suchtpotential bei Bedarf ansetzen: bei Personen unter 65 Jahren PROMETHAZIN 25 mg bis zu 3-mal pro Nacht oder CHLORPROTIXEN (QT-Zeit beachten, EKG erforderlich) 15 mg bis zu 3-mal pro Nacht oder PROTHIPENDYL 40 bis zu 80 mg (auf QT-Zeit achten); bei Menschen über 65 Jahren PIPAMPERON 20 mg bis zu 2-mal täglich (Melperon ist eine gute Alternative). Wenn der Patient nicht anspricht, wechseln Sie auf bis 2-mal täglich QUETIAPIN 12,5–25 mg.
-Stufe II (Patient profitiert nicht von Stufe I): Präparate mit Suchtpotential ansetzen wie Zopiclon 3,75 bis 7,5 mg (Alternative: Zolpidem). Faustregel: geringes Suchtpotential, wenn man diese Medikamente max. 5 mal x/Monat einnimmt.
FALL B: Der Patient leidet täglich unter Schlafstörungen: THERAPIE DER GRUNDSTÖRUNG WECHSELN
Option A---) Fügen Sie Mirtazapin möglichst abends zum ersten Antidepressivum hinzu (z.B. wenn es sich um ein Ssri, ein Snri oder Bupropion handelt): 7,5 bis 15 mg ist die empfohlene Dosis bei Schlafstörungen
Option B---) Patient neigt zu Gewichtszunahme -) Agomelatin (Leberwerte beachten, notwendige Kontrollen): 25 bis 50 mg allein oder in Kombination abends
Option C---) Wenn der Patient grenzwertige oder narzisstische Züge und/oder allgemeine Grübeleien am Abend und/oder hohe Grundanspannung und/oder Probleme bei der Regulierung seiner Emotionen hat---) Quetiapin, bei Durchschlafstörunge besser in retardierter Form (Vorsicht, es kann die QT-Zeit verlängern, EKG-Kontrolle erforderlich) bis zu 150 mg abends, allein oder in Kombination (möglich mit Sertralin, Venlafaxin, Bupropion)
STUFE III: Trotz der oben beschriebenen Interventionen bleibt die Störung bestehen:
Setzen Sie alle anderen Medikamente aus und beginnen Sie die Therapie mit einem Trizyklikum wie Trimipramin oder Amitriptylin bis zu 50–150 mg am Abend (bei gesundem und nicht älterem Probanden).
STUFE IV: PALLIATIVE INTERVENTION: BENZODIAZEPINE MIT LANGER HALBWERTSZEIT, NACH MAXIMAL 4 WOCHEN REDUZIEREN UND AUSSETZEN.
STUFE V: ALLE BISHER GESEHENEN THERAPIEN KOMBINIEREN, INDIVIDUELLE WAHL, RISIKO WECHSELWIRKUNGEN, NEBENWIRKUNGEN UND SUCHTENTWICKLUNG BERÜCKSICHTIGEN: EXTREMA RATIO
Sprechen Patienten auf eine Therapie nicht an, sollen zunächst Ursachen für diesen Verlauf evaluiert werden. Zu diesen Ursachen gehören insbesondere die Fehldiagnose, eine nicht ausreichende Mitarbeit der Patienten,eine nicht angemessene Dosis und ein zu niedriger Serumspiegel (TDM), somatische und psychische Komorbidität sowie eine ungünstige Komedikation.
Um eine potenziell wirksame Behandlung nicht grundlos abzubrechen und unnötige, mit erhöhten Nebenwirkungen und Kosten verbundene Therapieintensivierungen zu vermeiden, ist vor einer Änderung der Therapiestrategie die Prüfung möglicher behebbarer Ursachen des Nichtansprechens und damit der Ausschluss einer Pseudotherapieresistenz notwendig.
Quelle: modifiziert aus Benkert, Hippius, Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie 12.Auflage; klinische Erfahrung.